Die so genannte Loitering Munition (LM) hat spätestens im Bergkarabach-Konflikt ihre Wirksamkeit auf dem Gefechtsfeld deutlich gemacht. Das Potenzial dieses relativ neuen Waffentyps hat auch der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall erkannt und Mitte Oktober 2021 eine Kooperation mit UVision Air Ltd., einem israelischen Hersteller von Loitering Munition, vereinbart. In einem Fachpressegespräch am 12. Januar 2022 erläuterten die Partner in Bonn ihre Absichten und gaben einen tiefen Einblick in die technische Ausgestaltung sowie das Leistungsvermögen der von UVision entwickelten Loitering-Munition-Familie Hero. Rheinmetall stellte die Veranstaltung unter das Motto „Battlefield Game Changer – Loitering Munition Systems“.
Die strategische Partnerschaft der Rheinmetall-Tochter RWM Italia SpA mit UVision hat zum Ziel, den Markt für diese Präzisionsmunition in Europa und der NATO zu erschließen, wie Romano Ricca, Chief Business Development von RMW Italia, im Pressegespräch darstellte. Dies schließt seinen Worten zufolge die Adaption der EU- und NATO-Standards mit ein. Beide Unternehmen wollen die jeweiligen Fähigkeiten bündeln und so präzise und kampferprobte Waffensysteme für den Markt bereitstellen.
Die Kooperation sieht vor, dass UVision marktreife und einsatzbewährte Technologien und Produkte einbringt, die dann gemeinsam mit Rheinmetall weiterentwickelt werden sollen. Rheinmetall stellt seine industrielle Basis zur Verfügung und ist neben dem Europavertrieb für Qualifizierungsthemen gemäß europäischen und NATO-Standards zuständig. Auch eine Integration der Wirkmittel in Rheinmetalls bemannte und unbemannte Gefechtsfahrzeuge, wie beispielsweise Schützenpanzer Lynx und Mission Master, ist vorgesehen.
Als Loitering Munition wird ferngesteuerte Präzisionsmunition bezeichnet, die auch ohne Zielkoordinaten gestartet werden und dann längere Zeit über einem Zielgebiet kreisen kann, bis ein lohnendes Ziel entdeckt und bekämpft wird. Neben der Zielbekämpfung kann Loitering Munition auch für Aufklärungszwecke eingesetzt werden.
Insbesondere der Konflikt in Berg-Karabach hat gezeigt, dass Loitering Munition maßgeblich zum Erfolg auf dem Gefechtsfeld beitragen kann. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch Rheinmetall sein Interesse an dieser Waffensystemkategorie wiederentdeckt hat. Der Konzern hatte bereits vor rund zehn Jahren in Zusammenarbeit mit dem israelischen Staatskonzern Israel Aerospace Industries (IAI) umfangreiche Demonstrationen eines WABEP-Systemverbunds durchgeführt.
Bei WABEP handelte es sich um das „Wirksystem zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen“, einem Verbund bestehend aus der Aufklärungsdrohne KZO und der israelischen Loitering Munition vom Typ Harop. Die KZO sollte die Ziele aufklären und die Harop diese im Anschluss präzise bekämpfen. Obwohl die Tests erfolgreich verlaufen waren, stellte die Bundeswehr das Programm vor knapp einem halben Jahrzehnt ohne Angabe von Gründen ein.
Auch bei den deutschen Streitkräften scheint es in der Zwischenzeit einen Erkenntnisgewinn gegeben zu haben, dass man unter Umständen eine Fähigkeitslücke in einem für die Zukunft wichtigen Technologiebereich aufweist. Das Bundeswehr-Rüstungsamt BAAINBw führt derzeit nämlich eine Studie zur Erstellung einer Forschungs- und Technologie-Roadmap für Loitering Munition durch, S&T berichtete.
Nach Aussagen eines Rheinmetallvertreters während des Pressebriefings können LM-Systeme einen wichtigen Beitrag zur Durchsetzungsfähigkeit moderner Streitkräfte in Konflikten aller Intensitätsstufen leisten. Die punktgenaue Präzision, den einfachen Einsatz und die Möglichkeit, über große Entfernungen hinweg neben Aufklärungsergebnissen auch kinetische Wirkung zu erzielen, und das ganze bei vergleichsweise geringen Kosten, biete kein anderes Wirkmittel.
Loitering Munition
Auch wenn in der breiten Öffentlichkeit in Deutschland erst im Zuge des Berg-Karabach-Konfliktes die Existenz dieser Munitionsart bekannt wurde, sind Loitering-Munition-Systeme ausgereift und teilweise seit Jahrzehnten im Einsatz. So haben beispielsweise die israelischen Streitkräfte nach Aussage von Dagan Lev Ari, Sales & Marketing Director bei UVision, erste LM-Systeme bereits 1982 eingesetzt. Seinen Ausführungen zufolge bilden Loitering-Munition-Systeme eine eigene Waffenkategorie, weil sie die Vorteile von Panzerabwehrlenkflugkörpern und bewaffneten Drohnen in einem System kombinieren und gleichzeitig die Nachteile eliminieren.
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