StartMobilitätLeichter Fahren – der Kampf gegen die Wachstums- und Gewichtsspirale

Leichter Fahren – der Kampf gegen die Wachstums- und Gewichtsspirale

Mark Cazalet

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Der russische Einmarsch in die Ukraine hat den Krieg zwischen gleichwertigen oder nahezu gleichwertigen Gegner (Peer-to-Peer/P2P- bzw. Near-Peer-Konflikte) nach Europa zurückkehren lassen. Dadurch sehen sich westliche Streitkräfte gezwungen, ihre Fahrzeugflotten zu modernisieren. Doch die Militärs stellen häufig fest, dass die modernen Fahrzeuge auf dem Markt zwar viel leistungsfähiger sind als die von früher, aber in der Regel auch viel schwerer. Dieser Beitrag untersucht und bewertet Ansätze zur Lösung dieses Problems.

Die Angebote zur Erfüllung der Anforderungen an moderne gepanzerte Kampffahrzeuge (AFV) umfassen eine Mischung aus modernisierten und neu konzipierten Plattformen. Im Vergleich zu älteren Fahrzeugen müssen moderne Fahrzeuge mehr und besseren passiven Panzerschutz, größere Waffen, leistungsfähigere Sensoren in großer Zahl, aktive Schutzsysteme (APS), hochentwickelte vernetzte Funkgeräte und verschiedene andere funktionserweiternde Subsysteme bieten. Das wiederum erfordert leistungsstärkere Triebwerke, um die Mobilität trotz des höheren Gewichts der Panzerung und der Missionssysteme aufrechtzuerhalten und die Anforderungen an die Energieversorgung zu erfüllen.

Leistungsstärkere Motoren verbrauchen mehr Kraftstoff und erfordern daher zusätzliche Hilfsaggregate (APU) oder Batterien, um alle Systeme mit Energie zu versorgen, ohne sich allein auf den Motor zu verlassen. Hinzu kommt, dass die modernen AFV-Dieselmotoren und -Getriebe so klein geworden sind, wie es die heutige Motorentechnologie erlaubt, so dass es schwierig geworden ist, mehr Leistung aus dem gleichen Volumen des Motors herauszuholen. Das macht es immer schwieriger, Gefechtsfahrzeuge leistungsstärker zu machen und gleichzeitig die bestehenden Abmessungen und Mobilitätseigenschaften beizubehalten – es sei denn, es kommt ein radikal neues Powerpack-Design auf den Markt.

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Die Folgen der steigenden Anforderungen an die Fähigkeiten werden deutlich, wenn man moderne Kampffahrzeuge mit ihren älteren Gegenstücken vergleicht. Zum Vergleich: Die deutschen Marder-Vorserienfahrzeuge hatten ein Gefechtsgewicht von etwa 27,5 Tonnen, das sich im Laufe der Zeit auf 33,5 Tonnen beim Marder 1A3 und schließlich auf 37,4 Tonnen beim Marder 1A5 erhöhte. Der als Ersatz für den Marder vorgesehene Schützenpanzer Puma scheint diesem Trend entgegenzuwirken, wenn man das Gewicht des Fahrzeugs von 31,45 Tonnen in der Schutzstufe A (luftverladbar) betrachtet. Diese Schutzstufe dürfte maximal für Operationen zur Aufstandsbekämpfung ausreichen und ermöglicht es dem Fahrzeug, leicht genug für den Lufttransport mit dem A400M zu sein. Für den Kampf gegen gleich starke Gegner müsste jedoch realistischerweise die Schutzstufe C (Kampfpanzerung) angebracht werden, die das Kampfgewicht auf 43 Tonnen erhöht.

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Der Puma bietet mehr Feuerkraft und Schutz als selbst die modernste Marder-Variante, aber er ist auch deutlich schwerer. (Foto: Bundeswehr / Anne Weinrich)

Ein noch extremerer Vergleich: Der britische Ajax hat ein Kampfgewicht von rund 42 Tonnen und ist damit um ein Vielfaches schwerer als der 12 Tonnen schwere CVR(T) Scimitar Mk2, den er ersetzt.

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Der Ajax verfügt zwar über weitaus größere Fähigkeiten als der CVR(T) Scimitar Mk2, den er ersetzt, doch wird er aufgrund seiner weitaus größeren Größe und seines höheren Gewichts nicht so „mobil“ sein wie sein Vorgänger. (Foto: GDUK)

Von wenigen neueren Kampfpanzern (MBT) abgesehen sind die meisten neuen gepanzerten Fahrzeuge schwerer als ihre Pendants der letzten Generation. Angesichts des Zeit- und Kostenaufwands für die Ausbildung eines modernen Soldaten und der geringeren Größe moderner Streitkräfte sind die hohen Anforderungen an die Fahrzeuge keine Überraschung. Es ist jedoch klar, dass eine solche Gewichtszunahme nicht tragbar ist. Schwerere Fahrzeuge verbrauchen mehr Kraftstoff und verschleißen Antriebs- oder Fahrwerkskomponenten schneller, was einen größeren logistischen Aufwand erfordert. Schwerere Fahrzeuge können auch einige zivile Infrastrukturen wie Brücken unpassierbar machen, sie neigen dazu, sich in schlammigem Boden festzufahren, und ihnen fehlt oft die Fähigkeit, amphibisch zu fahren.

Solche Fahrzeuge können auch zu schwer sein, um mit Transportflugzeugen eingesetzt zu werden. Selbst wenn das Flugzeug physisch in der Lage ist, das Gewicht eines bestimmten Fahrzeugs zu tragen, ist die Gewichtsgrenze der Laderampe des Flugzeugs in der Regel niedriger als die Gesamtnutzlast des Flugzeugs, was ein konventionelles Be- und Entladen solch schwerer Fahrzeuge ausschließt. Dieses Problem ist nicht nur theoretischer Natur, sondern ganz praktisch am Beispiel Puma und A400M zu beobachten, wo die Gewichtsgrenze der Laderampe das Beladen des A400 mit dem Puma (selbst in der Schutzstufe A) nicht zulässt.

Es gibt zahlreiche Anreize für die Streitkräfte, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein paar Tonnen einzusparen. Trotz der Bemühungen hat sich dies bisher als Problem für die Streitkräfte bei der Modernisierung erwiesen, aber es gibt eine Reihe von vielversprechenden Möglichkeiten in dieser Hinsicht:

  • Förderung von Schutzlösungen (wie Signaturmanagement und APS) anstelle von passiver Panzerung
  • Umstellung von bemannten auf unbemannte Geschütztürme.
  • Umstellung von Stahl- auf Verbundgummiketten (Composite Rubber Track, CRT).
  • Entwicklung von unbemannten Bodenfahrzeugen (UGV) für bestimmte Aufgaben.
  • Entwicklung von Fahrzeugen mit geringerer Besatzungsstärke.

Verschlankung

Der Zusammenhang zwischen der Einführung von Lösungen jenseits der klassischen Panzerung und der Verringerung des zulässigen Gesamtgewichts von Fahrzeugen ist bisher eher theoretisch als praktisch gewesen. Zwar haben viele Unternehmen APS oder Produkte zur Verringerung der thermischen, akustischen und Radarsignatur von Fahrzeugen angeboten, doch in der Regel wurden solche Maßnahmen zusätzlich zu einem hohen passiven Schutz ergriffen, anstatt diesen zu ersetzen. Infolgedessen können damit ausgerüstete Fahrzeuge sogar schwerer sein als ihre konventionell gepanzerten Gegenstücke.

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