Die Materialspezialisten von W. L. Gore & Associates (Gore) haben mit Extraguard eine neue Obermaterialtechnologie für Kampfstiefel entwickelt, die eigenen Angaben zufolge erstmals die Vorteile eines robusten Materials mit denen von leichten, flexiblen und atmungsaktiven Textilien vereinen soll. Nach Aussage von Gore soll Extraguard den Weg für die Herstellung einer völlig neuen Klasse von Gore-Tex-Kampfstiefeln für Infanterie und Spezialkräfte ebnen.
Gegenüber klassischen Ledermaterial bietet Extraguard neben rund 40 Prozent Gewichtsvorteil mehrere weitere Vorteile: die Extraguard-Kampfstiefel bleiben Gores Angaben nach dauerhaft wasserdicht, sie sind atmungsaktiv und flammhemmend. Soweit die Theorie. In der Praxis bedeutet dies natürlich nicht, dass Kampfstiefel in Zukunft 40 Prozent leichter werden, da sich die Gewichtsvorteile ausschließlich auf das Obermaterial beziehen. Sohle, Ösen, Gummiumrandungen, Schuhinnenteil sind nicht aus Leder und können daher auch nicht durch Extraguard ersetzt werden.
„Extraguard ist leicht wie Textil und robust wie Leder und es bleibt auch bei extremer Nässe wie z.B bei mehrtägigen Übungen oder Einsätzen in Regenwetter dauerhaft leicht. Die Gewichtsersparnis bei einem Kampfstiefel beträgt zwischen 50 und 100 g pro Schuh im Neuzustand“, so Martin Pfister, Produktspezialist Defense Footwear bei GORE-TEX Professional, gegenüber Soldat & Technik. „Im Gebrauch, wenn die verwendeten Materialien im Schaft wie Leder, Textil, Schäume mit Wasser vollgesogen sind, können es auch 200 bis 300 g Unterschied pro Schuh sein“, erklärt er weiter. Was sich nach wenig anhört, macht in der Nutzung, insbesondere, wenn lange Strecken zurückgelegt werden müssen, einen großen Unterschied. Schließlich schmälert jedes zusätzliche Gramm Gewicht am Fuß des Soldaten dessen Leistungsfähigkeit um ein Vielfaches gegenüber dem gleichen Gewicht an einer anderen Stelle des Körpers.
Zudem werden die Soldaten an einer anderen Stelle signifikant entlastet: beim Stiefelputzen. Jeder Soldat kennt es, dass der Kampfstiefel nach jedem Gefechtsdienst intensiv und langwierig gereinigt und gegebenenfalls sogar getrocknet werden muss. Dies wird bei Extraguard-Kampfstiefeln deutlich einfacher und schneller vonstattengehen. Stiefel mit dem klassischen Obermaterial Leder müssen zur Reinigung gebürstet/gewaschen, getrocknet und anschließend mit einem Pflegemittel behandelt werden, damit das Leder seine Eigenschaften beibehält und der Stiefel nicht austrocknet oder brüchig wird. Bei Extraguard ist dies Pfister zufolge nicht notwendig, kurzes Bürsten und Abwaschen reicht. Auch der Trockenvorgang läuft deutlich schneller ab, da das Extraguard-4-Lagen-Laminat aus modernen Mikrofasern besteht und dadurch um ein Vielfaches schneller trocknet als Leder. Selbst ohne jeglichen Pflegeaufwand bleiben die Extraguard-Stiefel Pfisters Aussagen zufolge deutlich länger haltbar.
Was die Optik des Materials angeht, gibt es keinen Unterschied zum Lederstiefel im Neuzustand, auch was die mögliche Schuhfarbe angeht. Lediglich im Gebrauch zeigen sich Unterschiede. Die typischen Risse und Abrieb aufweisenden Stellen entfallen, das Extraguard-Material sieht laut Hersteller auch nach mehreren Monaten Nutzung vergleichsweise intakt aus. Pfister verweist in diesem Zusammenhang auf Probestiefel die zu Trageversuchen an unterschiedliche Personen – vom Berufsjäger, über Outdoorspezialisten bis zum Soldaten – ausgegeben wurden und über Monate hinweg getragen wurden, wobei jeweils ein Stiefel des Paares aus Leder und der andere aus Extraguard-Material war. Die genutzten Lederstiefel wiesen demnach jeweils deutlich höhere Gebrauchsspuren auf.
Das Material soll auf der vom 14. bis 17. November in Paris stattfindenden Rüstungsmesse Milipol 2023 erstmals öffentlich vorgestellt werden. Bis Extraguard-Kampfstiefel käuflich erworben werden können, wird es allerdings bis 2024 dauern – dann werden erste Produkte namhafter Schuhhersteller verfügbar sein.