Bereits im Juni 2023 wurde bekannt, dass die Privet-82, vom russischen Oko Konstruktionsbüro entwickelt, seit einigen Monaten in der Ukraine erprobt und Anfang Juni auch von den russischen Streitkräften zugelassen wurde. Nach mehrmonatigem Einsatz hat das Designteam offenbar die ersten Lehren gezogen und eine Überarbeitung vorgenommen. Im Gegensatz zu der Weiterentwicklung komplexer Systeme wie der Lancet, wo Details häufig nur indirekt ermittelt werden können, ist in diesem Fall im Rahmen eines Interviews durch den Geschäftsführer von Oko ein ausführlicher Optimierungskatalog bekannt geworden.
Die Aussagen im Interview mit Vadim Zhernov, dem Geschäftsführer des in St. Petersburg ansässigen Oko Konstruktionsbüro, sind sicherlich mit Bedacht zu bewerten. Dennoch bieten sie einen geradezu einzigartig detailreichen Einblick in die Weiterentwicklung von Loitering Munition, welche erst seit kurzem im Einsatz ist. Die Zielsetzung bleibt offenkundig unverändert, ein günstiges Wirkmittel aus weitestgehend zivil verfügbaren Komponenten bereitzustellen. Das Team rund um Zhernov hat jedoch signifikantes Verbesserungspotenzial identifiziert.
Ein Hauptaugenmerk bei der neuen Version, welche als Hi-82M1 bezeichnet wird, liegt auf der verbesserten Bedienbarkeit. So wird die Anzeige auf Ausgabegeräten für den Piloten neugestaltet und verschlankt. Die Rückmeldung von der Front lege nahe, dass für den effizienten Einsatz deutlich weniger angezeigte Parameter nicht nur ausreichend, sondern durchaus förderlich seien. Zudem wurde die Menüführung und auch die Steuerung vereinfacht, um die Belastung des Bedieners zu reduzieren. Zur Verbesserung der Funkverbindung sei nicht nur die Anordnung der Antenne an der Loitering Munition, sondern auch die der Bodenstationen überarbeitet und neue Repeater, insbesondere für die Bildübermittlung integriert worden. Auch die Kamera sei optimiert worden. Interessanterweise jedoch im Bereich des Gehäuses, um häufig auftretende Transportschäden zu reduzieren. Ein 50 m langes Kabel erlaube dem Bediener zudem in sicherer Entfernung von der Bodenstationen den Flug aus einer Deckung heraus zu steuern, selbst dann, wenn die für diese Zwecke vorhandene Richtantennen aktiv gestört oder z.B. im urbanem Gelände an ihre Grenzen stoßen.
Eine weitere Verbesserung sei im Bereich des Flügelprofils, sowie an besonders beanspruchten Stellen der Konstruktion in Form von Verstärkungen vorgenommen worden. Hierdurch sei die Loitering Munition in ihrer Steigfähigkeit direkt nach dem Start verbessert worden. Zudem ist die Zelle robuster geworden, sodass auch Trainingsflüge mit etwas härterer Landung nicht sofort zur Abschreibung des Luftfahrzeuges führen. Die Luke für den Zugang zu Zünder, Wirkladungen und Batterie wurde mit einem Schnellverschluss versehen und alle Stecker und Kabel innerhalb des Systems vereinheitlicht, bzw. gegen Witterungseinflüsse zusätzlich gehärtet. Vormals aus Kunststoff ausgeführte Anschlüsse innerhalb der Zelle, aber auch an der Steuerung oder Display seien mit neuer Metallfassung versehen worden, wodurch die Lebensdauer erhöht werden soll. Nicht zuletzt wurde der Zünder mitsamt Sicherung der Wirkladungen, welche per Fernsteuerung über dem Ziel zur Detonation gebracht wird, vereinfacht und laut Herstellerangaben in der Zuverlässigkeit und Sicherheit verbessert.
Die offengelegte Weiterentwicklung der Privet-82 ist, wie eingangs erwähnt, mit Vorbehalt zu betrachten. Zudem handelt es sich um Wirkmittel mit Vergleich geringer Bedeutung. Dennoch sind einige Rückschlüsse möglich und diese größtenteils allgemeingültig. So ist die Straffung und für den Nutzer optimierte Darstellung der Informationsflut ein überaus relevanter Aspekt. Zudem sind Aspekte wie die robuste Ausgestaltung um Ausbildung, Witterung und Transport zu überstehen höchst relevante Themen und müssen konstruktiv berücksichtigt werden. Die Resilienz gegen gegnerischer elektronische Kampfführung ist ebenfalls ein wichtiger Eckpfeiler und nicht zuletzt die Erkenntnis, dass Bodenstationen zur Führung von Drohnen und Loitering Munition priorisierte Ziele der Gegenseite darstellen und die Bediener daher durch Auflockerung vor Waffenwirkung geschützt werden müssen.